Jauchzend und einander zurufend strömen Kinder aus den Klassenzimmern ins Freie. Die Mittagspause hat begonnen. Endlich frei. Mittagessen, Fussball spielen und Ausruhen bis nachmittags die Schule weiter geht.
Nach einer Weile begeben sich die meisten Kinder zum Esssaal, wo sie ihr Mittagessen erhalten. Für die im Werk Wukro wohnenden Waisenkinder ist das eine normale Routine. Weil die Schule eine Tagesschule ist, dürfen die Kinder aus der Gemeinde ebenfalls hier essen, wenn ihre Eltern dafür zahlen. Aber nicht alle können das.
Da ist zum Beispiel Berhane*. Heute Morgen gab es kein Frühstück bei ihm zuhause. Er ist hungrig und hofft, dass seine Mutter irgendwo etwas Teff (Hirsemehl) beschaffen konnte, und für ihn und seine drei Geschwister gekocht hat. Langsam läuft er den staubigen Weg zurück nach Hause. Die Mittagssonne brennt heiss herab. Berhanes Schulweg ist lang, er läuft über eine halbe Stunde und hat nur wenige Minuten, um zu Hause zu essen, bevor er wieder zur Schule geht. Manchmal, wenn kein Essen da ist, bleibt er auch einfach zuhause. Er ist dann zu müde für den Weg zurück.
Senait* steht zögernd herum. Auch sie folgt den Kindern nicht in den Essraum. Langsam entfernt sie sich und setzt sich unter einen Baum in den Schatten. Ihre Mutter hat ihr heute Morgen ein wenig Injera (äthiopisches Sauerteig-Fladenbrot) mitgegeben, und sonst nichts. Senait will nicht, dass ihre Freunde das sehen. Sie schämt sich für die Armut ihrer Familie und sehnt sich danach, einfach normal zu sein und mit ihren Freunden zu essen. Damit jeder Bissen länger hält, kaut Senait ganz langsam.
Und dann gibt es noch Teferi. Er hat sich heimlich aus dem Klassenzimmer geschlichen und sich hinter dem Kuhstall an die Wand gesetzt. Er weiss: seine Mutter hat heute sicher nichts gekocht. Sie hat ihm auch kein Mittagessen mitgegeben. Die Familie isst einmal abends und teilt das wenige Essen unter sich auf. Teferi hockt sich an die Wand und hofft, dass niemand ihn hier entdeckt. Er wird den Nachmittagsunterricht hungrig besuchen.
Alltag in der Schule in Wukro. Derzeit besuchen hier 1068 Kinder die Schule. 699 besuchen die Primarschule, der Rest den Kindergarten. 160 Kinder leben hier, sie sind Waisenkinder. 400 weitere Kinder stehen auf der Warteliste, weil vor ein paar Wochen zwei private Schulen schliessen mussten : Die Eltern konnten das Schulgeld nicht mehr zahlen. Diese Kinder können erst aufgenommen werden, wenn Wukro weitere Klassenzimmer gebaut hat. Schon jetzt sind die Klassen zu gross, die Lernqualität leidet.
Vor Weihnachten haben Lehrpersonen ihre jährlichen Elternbesuche gemacht. Pro Klasse wurden die Eltern von 15 Kindern besucht. Sie wurden anhand der Leistung ihrer Kinder ausgewählt: besucht wurden je fünf Familien von Kindern mit sehr guten Noten, durchschnittlichen Noten und schlechten Leistungen. Bei den Kindern zuhause trafen die Lehrpersonen ein paralleles Bild: diejenigen Kinder, die in der Schule schlechte Leistungen zeigen, kommen typischerweise aus sehr armen Familien.
Das zeigt auch das Beispiel von Berhane: er fehlt heute Mittag in der Schule, und das wird sich auf seine Noten auswirken. Dennoch verlieren die Kinder nicht den Mut. Sie sind froh, dass sie überhaupt zur Schule gehen dürfen.
Warmes Mittagessen für Berhane, Senait, Teferi und ihre 97 Schulkameraden
Momentan ist es rund 100 Familien nicht möglich für das Schulgeld aufzukommen, in welchem auch das Mittagessen inbegriffen ist. Mit einer Spende von CHF 96.– ermöglichen Sie einem Kind ein halbes Jahr lang ein warmes Mittagessen.
Danke, dass Sie an die SELAM Wukro Schulkinder denken.
*Namen geändert. So wie Senait, Berhane und Teferi geht es über 100 Kindern der Gemeinde Wukro.
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